Image1

Geschichte & Philosophie

Theorien über den historischen Ursprung von Ayurveda orientieren sich an den ältesten schriftlichen Aufzeichnungen des indischen Wissens, den Veden. Es heißt, dass dieses Wissen vom Schöpfer des Welltalls Brahman selbst stammt und von sogenannten Rsis (Sehern der Weisheit) jahrhundertelang durch mündliche Überlieferung erhalten blieb. Im Laufe der Zeit wurde die in den Veden beschriebene Medizin um Beobachtungen und Erfahrungen früherer Denker und Forscher erweitert, die auf wissenschaftlichem Denken beruhten. Somit kann Ayurveda als ein Gemeinschaftswerk einer unermesslichen Zahl erfahrener und authentischer Ärzte, Heiler und Philosophen angesehen werden. Die bekanntesten Schriftensammlungen wurden von den Gelehrten Caraka, Susruta und Vagbhata verfasst, deren Werke heute noch zur Verfügung stehen:

  • Caraka Samhita (entstanden etwa im 1. Jh. v. Chr.)
  • Susruta Samhita (ca. 1. Jh. nach Chr.)
  • Astanga Hrdaya Samhita des Vagbhata (etwa 7. Jh. nach Chr.)

Obwohl die Buddhisten (in Indien von 600 v. Chr. bis 1000 n. Chr.) die vedischen Schriften nicht akzeptierten, übernahmen sie die ayurvedische Medizin. Das zeigt, dass Ayurveda schon zu jener Zeit nicht mit einem unumstößlichen Dogma verbunden war. Die Buddhisten trugen zur Verbreitung des Ayurveda bei, indem sie buddistische Mönche nach China, Tibet und Sri Lanka schickten, was erklärt, wieso die Heilkunden jener Länder viele Ähnlichkeiten mit dem Ayurveda aufweisen. Mit den türkischen Eroberern (1100 bis 1600 n. Chr.) machte Ayurveda einen Sprung nach vorne, es folgte eine Annäherung an die verschiedenen Strömungen der traditionellen indischen Medizinsysteme. Mit den englischen Kolonialherren kam Ayurveda zu einem Stillstand, da die Engländer Indien mit eiserner Faust regierten und die ayurvedischen Institutionen verboten. Ayurveda überlebte nur dank der Familientraditionen. Heute hat die Naturheilkunde ihren Platz in der modernen Gesellschaft zurückerobert und gehört zum offiziellen Medizinsystem in Indien.

 

Philosophie
Die ayurvedische Philosophie basiert auf einer ganzheitlichen Denkweise und ist um die Förderung des Lebens an sich bemüht. Sie betrachtet den Menschen als ein Ganzes und als untrennbaren Bestandteil des Universums. Das Wohlergehen eines Individuums ist nach ayurvedischer Auffassung mit dem Wohlergehen der gesamten Gesellschaft, dem Lebensraum und dem Universum verknüpft.

Das menschliche Leben wird als eine Einheit von Körper, Geist und Seele betrachtet. Diese drei Bestandteile stützen sich gegenseitig und bilden zusammen die Basis des Lebens.

Die Seele Atma ist der spirituelle Kern von allem, was existiert. Ohne sie können Geist und Körper nicht existieren. Die Seele ist eigenschaftslos und doch allwissend und allgegenwärtig, sie ist in ihrer Essenz Sat-Cit-Ananda – Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit. Aus ayurvedischer Sicht ist die Seele frei von jeglicher Pathogenität, d.h. sie ist im Gegensatz zu Geist und Körper immer frei von Störungen. Sie ist das Prinzip, das den Wesen Leben und Bewusstheit schenkt.

Der Geist Manas ist das Medium aller Denkprozesse, emotionalen Regungen, gespeicherten Informationen und Eindrücke, Neigungen und Abneigungen, des Wach-, Traum- und Tiefschlafbewusstseins sowie aller unterbewussten Inhalte und Prozesse.

In der westlichen Denkweise wird der Begriff „Geist“ häufig als Synonym für Seele verwendet, die östlichen Philosophien grenzen diese zwei Prinzipien jedoch klar voneinander ab. Andere uns geläufige Begriffe für den Geist sind z.B. “Psyche” oder “Verstand”. Ziel im Ayurveda ist die direkte Erfahrung unserer wahren Seelennatur, wodurch die Dinge frei von Subjektivität und fälschlicher Identifikation (mit Körper, Geist inkl. Emotionen) wahrgenommen werden können.

Der grobstoffliche Körper Sarira ist die äußere Form, in dem sich unsere Seele manifestieren kann.

Gemäß Ayurveda liegt die Ursache für jegliches Leid in der Anhaftung bzw. der Identifikation mit dem Körper, dem Geist und den Sinnesorganen. Anhaftende Begierden und Taten führen zu einem sich unendlich wiederholenden Kreislauf von Wiedergeburten, wo sich die Seele immer wieder mit Geist und Körper verbindet. Wer diese Anhaftung überwinden kann – und dies ist die grosse Aufgabe in unserem Leben –, entzieht dem Leid jegliche Basis. Die Seele kann befreit und der Zyklus der Wiedergeburten beendet werden.

Das Leben ist ein sensibles und komplexes Phänomen, das ständig von äußeren und inneren Faktoren beeinflusst wird. Diese vielfältigen Faktoren und ihre kausale Verkettung werden im Ayurveda detailliert beschrieben, um die Erhaltung und Förderung von Gesundheit sowie die Behandlung und Beseitigung von Krankheit zu ermöglichen.